gegen Winhard zum 1.

Die Schmierbuchfexung

Thema: Wenn Winhardt sich mit Hägar misst,
Man seine Schmierbuchfexung bald vergisst.

I.

Gebt mir, bevor zur blut'gen Tat ich schreite,
Die Zeit, dass ich vom Grund des Streites berichte.
Ich mach's nicht gern. Doch hört's von meiner Seite.
's war eine wirklich traurige Geschichte.
Sei's drum. Denn in den Rasen beißt der (zeigt auf Winhardt).
Das tut man nicht mit Gyssens Junkermeister!

Ich kam, wie stets, zur Sippung froh und heiter
Und fand des Reyches Jugend ganz verstört.
Und Junker Klaus, von Wissen etwas weiter
Als unsre Knappen - und auch etwas breiter -
Berichtet stammelnd. Was ich da gehört -
Dem wollten meine Ohren erst nicht trauen.
Doch musst ich's bald mit eignen Augen schauen.

Im Schmierbuch war von Bubenhand bereitet
Ein Bild, wie Hägar sippend schlafen tut.
Mit Zipfelmütze, lächerlich gekleidet,
Durch Schnarchen ist sein Mund geweitet
Die Knute seiner müden Hand entgleitet
Und seine Pflicht als Junkermeister ruht.
Des Meistes Strenge tut sie nicht mehr lenken
Drum tobt die Jugend nun auf Tisch und Bänken.

Dazu war spottend in das Buch geschrieben
Die Junkernachtung fiele heuer aus
Der Meister tät' den Schlaf vor allem lieben,
Die Arbeit aber immer gerne schieben.
Doch Ordnung hielt er nicht im eignen Haus.
Und anonym blieb dabei, wer das schmierte.
Was bei mir nicht zu großer Freude führte.

Ich fragte nach. Doch musst ich lange suchen,
Denn wer es war, erfuhr ich halt nicht gleich.
Wo ich auch fragte, hieß es: Pustekuchen.
Da half kein Bitten und kein Fluchen.
Vor lauter Mitleid schützte ihn das Reych.
Den Täter, Winhardt, fand ich schließlich doch
Der Angstschweiß war's, der auch noch stechend roch.

Nun ist es wahr: ich schlafe hin und wieder.
In Gyssens Sippungen ist das nicht schwer.
Des Thrones Reden rieselt auf dich nieder
Am runden Tisch die Schwätzer murmeln immer wieder,
Das Reych singt monoton stets gleiche Lieder
Und Gecken putzen raschelnd ihr Gefieder -
Da kämpen auch noch andre Ritter sehr.
Ja, mancher hat sich da zu Schlaf gelegt,
Der nicht des Junkermeisters Lasten trägt

Der Junkermeister aber braucht den Schlaf.
Man trägt an seines Ambtes Bürde schwer.
Man schafft es kaum. Und dann: ist man auch brav,
Bleibt man Baron und wird noch nicht mal Graf.
Und später steht dann auf dem Epitaph:
Er plagte sich des Tags und oft auch nächtens sehr.
Sein Streben galt, wie all' seine Bemühung
Der immer schweren Arbeit der Erziehung.

Wer steht ihm bei? Er will gewiss nicht grollen.
Doch taugt im Reych zum Vorbild keiner hin.
Die Ritter machen immer, was sie wollen,
Sie trinken viel und reden gern geschwollen
Und gehen immer gerne in die Vollen.
Am schlimmsten Winhardts Streiche, diese tollen.
Der Junkermeister müsst' das Reych erzieh'n.
Ihm scheint's, wenn ihn Erschöpfung übermannt
Normal. Was andres hat er nie gekannt.

Und doch! Der Lehrer liebt das Reych und seine Schüler
Und schafft und strebt, dass letzt're ihm gedeih'n.
Er harkt und rupft in den profanen Beeten.
Sucht Unkraut, um es eifrig auszujäten.
Und bindet Triebe hoch in Uhu- Reih'n.
Ach Thron! Wenn du sein Gärtchen auch mal lobst
Dann zieht er weiter gern für's Reych das Obst.

Wie überall: der Pädagog' und Lehrer
Wird seiner Müh'n zum Trotze schwer verkannt.
Ist auch sein Ambt und sein Beruf ein schwerer -
Meint jeder Depp im Dorf, er könnt' es eh(r)er
Es ist nicht anders im Schlaraffenland.
Dabei tut keiner doch wahrlichnichts gleiches
Wie dieser müde Pädagog' des Gyssen-Reyches.

II.

Der Kluge ehrt den Pädagogen
Er weiß von dessen Tun Gewicht!
Und nur, wer dumm und ungezogen
Der tut es nicht.
Der Weise ehrt des Mannes Schlof
Aus ihm erwachst die Kraft und Herz
Und nur, wer ignorant und doof
Macht damit Scherz.

Der Brave ehrt die Müdigkeit.
Nur einer bleibt da zugeknöpft:
Der sich beim Schaffen nie erschöpft.
Der tut mir leid.

So sind die müden Pägagogen,
im Schlaf – das Höchste, was es gibt.
Man bleibe ihnen stets gewogen.
Man weiß, wie sehr sie Uhu liebt.

Und wenn sie ruh'n? Ach, lasst sie schlafen.
Sie brauchen ihren Schlaf, die Braven.
Ein rechtes Reych wird flüstern sich nur röhren,
Um ihren Schlummer nicht zu stören.

Nur Winhardt, dessen Kinderstube
Wohl mangels Mitteln sparsam war,
Zeigt sich als übler Gassenbube
Und grübe gern mir eine Grube,
Er ist halt halt ziemlich sonderbar.
Und spottet, wo ein rechter Mann
Sonst nur andächtig steh'n blei'm kann.

Drum hört, Schlaraffen, Jung- und Alte
Was ich deshalb von Winhardt halte:
Er ist, ich nenn' es: ungezogen,
Weil er dem Schlafe nicht gewogen.
Er ist –geklagt sei's – ungebildet,
Weil er den Pädagogen schiltete.
Ist obendrein verhottentottet
Weil er die Müdigkeit verspottet.

Ich sag's, obwohl ich lieber schwiege:
Von allem ist ihm in die Wiege
Die stand wer weiß an welchen Orten
Gar nichts hinein gegeben worden.
Und jeder wisse es Sprengel:
Der Winhardt hat Charaktermängel.
Die Seele schwarz, der Atem Schwefel
Sein Lachen Hohn, sein Wollen Frevel.
Schaut auf den Winhardt. Seht ihr, dieser
Ist vom Charakter ganz ein Fieser.

Warum soll ich ihn denn erschlagen?
Soll er sein Los doch weiter tragen.
Ein Hieb, der würd' ihn nur befreien,
Von seinen bösen Innereien.
Er lebe weiter, wie er is.
Das trifft ihn mehr. Ich bin gewiss.