Ideal und Wirklichkeit

In stiller Nacht und monogamen Betten,
Denkst du dir aus, was dir am Leben fehlt.
Die Nerven knistern. Wenn wir das nur hätten,
Was uns, weil es nicht da ist, leise quält.
Du präparierst Dir im Gedankengange,
Das was du willst - und nachher kriegst du’s nie...
Man möchte immer eine große Lange,
Und dann bekommt man eine kleine Dicke -
C’est la vie!

Sie muss sich, wie in einem Kugellager
In ihren Hüften biegen, groß und blond.
Ein Pfund zu wenig - und sie wäre mager,
Wer je in diesen Haaren sich gesonnt...
Nachher erliegst du dem verfluchten Hange,
Der Eile und der Phantasie.
Man möchte immer eine große Lange,
Und dann bekommt man eine kleine Dicke -
C’est la vie!

Man möchte einen Thron im Glanze haben
Und kriegt ‘nen Matten, sonst ist halt nichts da.
Man möchte sich an Geist und Würde laben
Und kann es leider nicht. Ja, ja. Ja, ja!
Man träumte einst, in hoffnungsvollem Bangen
Von tollen Herrlichkeiten - und nun sind es die...
Man möchte immer solche große Langen,
Und dann bekommt man lauter kleine Dicke -
C’est la vie!

Man möchte durch den Aha Geist verbreiten
Der stets aufs Neue Uhus Sein beweist.
Man will damit die Sippung vorbereiten,
Und Herrlichkeiten, voll von Witz und Geist.
Der Truchseß eilt, mit freudig roten Wangen
Zum Throne - und steht euch dann vis-á-vis ...
Am liebsten schmückte man ‘nen große Langen,
Und gibt den Aha dann ‘nem kleinen Dicken -
Nehmt ihn. Fungiert!. Tja, c’est la vie!

(frei nach Kurt Tucholsky)