Der Marschall
Hintergrund des Duells:
Die Ursache des Streits liegt im Dunkeln. Sie könnte mit einem Ereignis zusammenhängen, das sich in der Zeit ereignete, als Hägar zusammen mit Hamlet das Ambt des Truchsessen zu einer Art Hohepriester und Überbringer des Aha direkt von Uhu entwickelte. Der Truchseß fing damals an, vor der Überreichung des Aha an den Fungierenden mehr oder wenige lange Reden über die Erleuchtung zu halten. Da geschah es, dass der Marschall Thaler vor seinem Tam-Tam-Schlag zur Eröffnung der Sippung in Truchseß-Art einen langen Vortrag darüber hielt, wie wichtig sein Tun für die Schlaraffia ist.
1. Streich
Einst saßen gemeinsam am Junkertische,
Bei Mon Cherie, der in geistiger Frische,
Zucht, Ordnung und Mut der Jugend lehrte!
Wo er, der bescheidne und liebenswerte,
Die Wahrheitsliebe als das Wichtigstes meinte,
Was Schlaraffenritter im Spiele vereinte.
Und es lauschten eifrig den Worten, den süßen,
Zwei Junker, die Manfred und Ingo gehießen.
Doch die Zeit, sie ging rasch. Kurz das frohe Behagen.
Sie wurden schon bald zum Ritter geschlagen
Und Manfred, der Vorwitz, der so gerne glänzte,
Sich mit Thaler als Namen schmückt' und bekränzte.
Während Ingo, bescheiden und still, wie's die Art,
Ganz einfach zum Rittersmann Hägar ward.
Und auch sonst trennten sich die Wege der beiden.
Das ist Ritterschicksal: wachsen und scheiden.
Hägars Wunsch war nur, seinem Reyche zu dienen.
Eifrig ist er zu jeder Sippung erschienen,
Saß glücklich zu Füßen des Thrones dann
Und hörte ihm zu und himmelt' ihn an.
Titul und Ehren, die war'n ihm egal:
Er war der bescheidenste Sasse im Saal.
Und wenn der Thron ihm zu geben was deuchte,
Fragt er stets, ob ein Andrer das besser bräuchte.
Seht Thaler dagegen: Der strebte zur Sonne,
Sah in Ämtern und Tituln die höchstlichste Wonne.
Und um dieses, sein Ziel überhaupt zu erreiche,
Kannt' er Freund nicht noch Feind. Er ging über Leichen!
Einst sucht' man 'nen Marschall, er strebt' er zu der Ehre,
Obwohl Hägar der Bess're gewesen wäre.
Er sieht nicht den Unwert solch' Ämterflirtes;
Er fragt nicht: wer kann? Ihm ist wichtig, wer wird es.
Hägar war es recht, er gönnt' Thaler den Job.
Und war ihm keineswegs böse darob.
Doch da er mehr wusste als der Ursupater
Gab er ihm öfters, wie dem Sohne der Vater,
Guten Rat. Indem er ihn korrigiert,
Was bei Thalern häufig zu Blut-Hochdruck führt.
So ist die Welt, man wusst's lange schon:
Der Undank ist meistens des Edelen Lohn.
So ahnt auch bald der, der sonst nicht sehr helle:
Die treffen sich bald im blut'gen Duelle!
Das Thaler, den des Hochmuts Hafer gestochen,
In Mutwill auch balde vom Zaune gebrochen.
Suchte Hägar auch trotzdem, sich noch zu versöhnen;
Thaler , blutrünstig, wußt' ihn darob zu verhöhnen.
Es murrten im Reyche darob die Sassen:
Kann Thaler den Jungen in Ruhe nicht lassen?
Das merkte auch Thaler, ist er sonst nicht so klug:
Dem Reyche ist es nun wirklich genug!
Übertreibt er es weiter, wie in diesem Fall,
Dann setzt man ihn ab und er war der Marschall.
So versucht er es nun mit Bubenstücken,
Hägar in schlechteres Licht zu rücken,
Bis die Sassen zu seinem Schluss gelangen:
Den Streit hätte Hägar angefangen.
Er bemüht sich, Märchen von Hägar erfinden:
Von einem, der auszog, um Leute zu schinden,
Vom Monster, das überall ficht und streitet
Und weithin Schrecken und Furcht verbreitet.
Um so dem, den alle im Reyche lieben,
Viel Übles in seine Schuhe zu schieben.
Thaler beschreibt sich als Drachentöter -
Der sakrische Heuchler, der Schwerenöter.
Was ich an seiner Stelle jetzt täte?
Ich führte zuvörderst entsetzliche Rede
Begänne als er - ich setze den Fall:
Es tönet ein Ruf wie Donnerhall
Erscheint der schreckliche Hägar dort,
Werfen alle Sassen die Schwerter fort.
Solchen Unsinn wird er nun sicher erzählen,
Und uns Gemüt und Ohren quälen.
Denn das Reych weiß es besser. Es weiß auch gewiss,
Wer von den beiden der schlimmere iss.
Wie Thaler hab'n Lügen nur kurze Beine,
Und solcher Quatsch, rächt sich von alleine.
Er entlarvt sich damit und weiß es wohl nicht
Denn er ist ja kein großes Kirchenlicht.
Das merken alle nun gleich geschwind,
Wenn Thaler seine Rede beginnt.
2. Streich
Des Marschalls Amt ist es, den Gong zu schlagen,
An jeder Sippung Anfang, und am Schluss.
Soll dann, was es sonst gibt, Lust wie Verdruss,
In einem Protokoll zusammentragen.
Der Marschall Thaler kann, man muss ihm's lassen
Den Tam-Tam prächtig und sehr kraftvoll hauen.
Doch wenn wir auf sein Schreiben einmal schauen:
An Sippungstagen muss er immer passen.
Des Marschalls Muskeln weiß man wohl zu schätzen.
Doch lieber wär' uns Geisteskraft gewesen,
Durch welche bleibt, was hier im Reych geschehn!
Seh' ich den Thaler, packt mich das Entsetzen:
Denn wenn er schreibt, so kann es niemand lesen
Und wenn er vorliest, kann man's nicht verstehn.

